In der Entscheidung um die Steuernachzahlung von Apple in Höhe von 13 Milliarden Euro (wir berichteten) sind die Fronten verhärtet. Die EU-Kommission sieht die steuerlichen Begünstigungen in Irland für Apple als unrechtmäßig an. Irland, Apple und selbst die USA protestieren dagegen. Deutsche Finanzminister stellen sich derweil auf die Seite der EU. Alle wissen: Der Streit kann sich noch Jahre hinziehen.
„Der Anspruch auf eine faire Besteuerung darf nicht da enden, wo es den Interessen eines mächtigen Welthandelspartners zuwider läuft“, sagte etwa NRW-Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD) der Rheinischen Post. „Wenn die USA es mit dem unterstützenswerten Kampf gegen Steuerbetrug ernst meinten, dürfen die Steuerakrobaten unter den US-Konzernen wie Apple, Amazon oder Starbucks nicht außen vor bleiben“.
Ähnlich sieht das auch der Grünen-Europaabgeordnete Sven Giegold: „Das ist genau der Weg, über den man Vertrauen bei vielen Bürgerinnen und Bürgern zurückgewinnen kann“, erzählte er Reuters.
Schäuble in der Kritik
Zugleich attackiert Giegold aber auch den deutschen Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU). Er sieht die Verantwortung vor allem in den einzelnen Ländern, die sich das Steuermodell Apples und anderer Großkonzerne haben gefallen lassen. Es sei daher verwunderlich, warum Schäuble nach dem harten Durchgreifen der EU nicht auch in Deutschland versucht, Steuernachzahlungen geltend zu machen, so der Abgeordnete.
Es gebe die Möglichkeit, dass Staaten, in denen Apple-Kunden Gewinne für den Konzern geschaffen hätten, diese nun auch ordnungsgemäß besteuerten. „Und davon sollte auch Deutschland, aber auch viele andere Länder in Europa ein Stückchen abbekommen“, sagte Giegold.
Dabei ist nicht einmal klar, ob Apple letztlich die 13 Milliarden plus Zinsen überhaupt zahlen muss. Zu verhärtet scheinen die Fronten zu sein. Irland und Apple werden vor dem Europäischen Gerichtshof aller Voraussicht nach Klagen gegen die Entscheidung der Kommission einreichen.
Apple ist der Meinung, keine steuerlichen Begünstigungen jemals erhalten zu haben:
Wir haben niemals nach irgendwelchen besonderen Regelungen gefragt, noch haben wir jemals welche erhalten. Wir befinden uns jetzt in der außergewöhnlichen Situation, aufgefordert zu sein, nachträglich zusätzliche Steuern an eine Regierung zu zahlen, die sagt, dass wir ihnen nicht mehr schulden, als wir bereits gezahlt haben.
Die Kommission hat nach dreijährigen Ermittlungen jedoch festgestellt, dass der Konzern zwischen 2003 und 2014 auf seine Gewinne in Irland mindestens 0,005 Prozent statt der normalerweise üblichen 12,5 Prozent Zinsen zahlen musste. Dem widerspricht Dublin: Man habe Apple keine Extrawurst angeboten. Andere US-Konzerne seien nicht schlechter behandelt wurden.
Irland will seinen Ruf behalten
Zwar würde Irland am meisten von den 13 Milliarden Dollar profitieren, jedoch will das Land trotzdem auch gegen den Entscheid vorgehen. Schließlich will es den Ruf als Steuerparadies nicht verlieren. Ausländische Unternehmen sind wichtig für das Land: Sie beschäftigen mehr als 150.000 Menschen und damit mehr als jeden zehnten Arbeitnehmer in der Gegend. Auch Apple will trotz der Entscheidung der Kommission weiter in den Standort investieren, wie Finanzchef Luca Maestri sagt. 1000 neue Jobs sollen dort geschaffen werden.
Rückendeckung erhält Irland und Apple von der US-Regierung. Dort ist man der Auffassung, US-Firmen werden in Europa bewusst angegriffen. Dies könne das Verhältnis mit den USA belasten. Zudem befürchtet das Weiße Haus, dass die US-Unternehmen die in Europa fälligen Zahlungen von der Steuerlast in den USA absetzen. Dies untergrabe das internationale Steuersystem.
Apple will keine Bilanzkorrekturen
Durch die heftige Gegenwehr könnte sich die Verhandlung vor dem Europäischen Gerichtshof also noch Jahre hinziehen. Dass Apple die 13 Milliarden Euro tatsächlich zahlen muss, ist alles andere als garantiert. In einem Brief an die Investoren bekräftigte Apple daher, zunächst keine Korrekturen an der Bilanz vorzunehmen. Stattdessen solle ein bisher noch nicht feststehender Betrag für diesen Zweck auf einem Treuhandkonto geparkt werden.
In Cupertino scheint man sich seiner Sache also sicher zu sein. Nicht anders sieht es aber in der EU aus. Wer am Ende als Sieger vom Platz geht, wird der Gerichtshof entscheiden müssen. Dafür braucht es vor allem eins: viel Geduld.