Der Akku ist ein heikles Thema und vor allem die Ladegeschwindigkeit des iPhones stieß auf Unverständnis, denn mit dem mitgelieferten 5-Watt-Netzteil kann man keinen Blumentopf mehr gewinnen und viele Androiden sind wesentlich schneller aufgeladen. In diesem Jahr bietet Apple mit dem iPhone 8 und dem iPhone X erstmals Smartphones, die ganz offiziell “Fast Charging” unterstützen – aber wie wirkt sich das auf den Akku selbst aus?
Gelten die Akku-Gesetze?
Man hört vieles über Akkus und auch in der Literatur wird immer angenommen, dass das Laden von Akkus nicht wirklich trivial ist. Nicht zu schnell laden, nicht zu lange laden, Memory-Effekt und so weiter. Hier kann man gleich mal mit einem Mythos aufräumen: Manches davon (vor allem der Memory-Effekt) ist bei modernen Lithium-Akkus nicht mehr gegeben. Das bedeutet, dass man sie aus jedem Ladezustand in jeden Ladezustand aufladen kann, ohne, dass dabei nennenswerte Abnutzungserscheinungen entstehen. Bei älteren Akkus – für mobile Geräte kamen hier vor allem Nickel-basierte Vertreter in Frage – gilt das hingegen noch. Allerdings ist Nickel schwerer als Lithium und die Akkus haben eine schlechtere Energiedichte, weshalb diejenigen Akkus kaum noch eine Verbreitung haben.
Technisch gesehen richtig ist weiterhin, dass man einen Akku, selbst Lithium, nicht “irgendwie” aufladen darf, denn die Physik gilt weiterhin. Dass man speziell aufpassen soll oder muss, ist bei Smartphones oder Laptops aber in aller Regel nicht mehr gegeben, schlicht deshalb, weil man den Akku außerhalb des Gerätes gar nicht mehr aufladen kann. MacBooks, iPhones oder iPads haben keinen vom Nutzer wechselbaren Akku mehr und das hat Gründe, mit denen sich unter anderem auch die Schnellladefunktion erklären lässt.
Wie funktioniert Fast Charge?
Von der Sache her macht man sich mehrere Eigenschaften beim Schnellladen zu nutze: Einerseits ist “der Akku” im technischen Sinne nicht ganz korrekt. Tatsächlich handelt es sich um mehrere Zellen, die auch einzeln angesprochen und ge- sowie entladen werden können. Kleines Rechenbeispiel: Das iPhone X kann mit einem 29-Watt-USB-C-Netzteil aufgeladen werden. Gibt es sechs Zellen, so kann jede mit knapp 5 Watt geladen werden.
Im Gegensatz dazu wäre es denkbar, dass das mitgelieferte 5-Watt-Netzteil entweder jede Zelle mit etwas unter 1 Watt lädt oder jede Zelle einzeln mit 5 Watt. (Wie es konkret gemacht wird, ist nicht nachvollziehbar, da das Teil des Geschäftsgeheimnis der Hersteller ist.) In jedem Fall dauert das Aufladen von 0% auf 100% – theoretisch – bis zu sechsmal so lang. Tests haben ergeben, dass dem allenfalls in den ersten 50% des Aufladens so ist, danach nähern sich alle Methoden immer weiter an, d.h. auch die Schnellladefunktionen werden dann immer weiter zurückgefahren.
Der Chip kümmert sich um alles Weitere
Oben verlinkter Test hat gezeigt, dass das iPhone zwischen 0 und 29 Watt gerne annimmt, mehr Leistung bringt an der Stelle nichts. Und das aus gutem Grund: Jeder spezialisierte Akku, etwa in Smartphones, kommt mit einer Ladeelektronik. Diese befindet sich entweder direkt im Akku oder auf der Platine, in jedem Fall verwaltet sie sämtliche Vorgänge und damit auch das Aufladen. So wird sichergestellt, dass der Akku nicht zu schnell aufgeladen und nicht überladen wird. Sie ist auch dafür verantwortlich, dass die zweiten 50% des Aufladens kaum mehr schneller gehen als mit dem mitgelieferten Netzteil.
Denn der Akku an sich ist empfindlich. Hersteller haben über die Jahre aber immer neue Technologien entwickelt, um einen brauchbaren Kompromiss zwischen schnellem Aufladen und Haltbarkeit zu finden. Diesen Kompromiss setzt die Ladeelektronik in die Praxis um.
Was ist ein Ladezyklus?
Etwas früher haben wir geschrieben, dass die Zellen im Akku einzeln geladen werden können. Das lässt sich, mit einem MacBook jedweder Art, auch zeigen. Das Programm CoconutBattery kann einige interessante Details zum Akku auslesen, unter anderem die Ladezyklen. Dabei wird auffallen, dass das Entladen von 100 auf 80% mit anschließendem Aufladen noch nicht für einen Zyklus sorgt. Macht man das hingegen noch vier weitere Male, zählt die Anzeige eins nach oben, obwohl jeweils immer nur 20% ent- und neu geladen wurden. Die Ladeelektronik weiß, wo zuletzt aufgeladen wurde. Im Interesse einer gleichmäßigen Nutzung (und damit eines gleichmäßigen Verschleißes) ist die Elektronik bestrebt, alle Zellen über die Zeit gleichmäßig zu belasten, d.h. die Zellen mit der frischesten Ladung werden erst am Schluss wieder entleert.
Fazit: Langsames Laden für lange Haltbarkeit?
Abschließend stellt sich die Frage, ob man im Interesse einer langen Haltbarkeit lieber langsam laden sollte anstatt die Schnellladefunktion zu verwenden. Die Antwort: Klares Jaein. Wenn es nicht darauf ankommt, wie schnell der Akku geladen wird, beispielsweise weil es über Nacht passiert, dann schadet es nicht, das mitgelieferte 5-W-Netzteil zu verwenden. Das iPhone mit dem 29-Watt-Netzteil aufzuladen, schadet dem Akku aber gleichzeitig auch nicht in dem Maße, dass es sich lohnen würde, stets mit einer Powerbank durch die Gegend zu laufen.
Das hat vor allem dem Grund, dass der Akku erfahrungsgemäß – so er in Ordnung ist und keinen sonstigen Defekt hat bzw. zu stark von den Produktionstoleranzen abweicht – ohnehin schon die typische Lebenserwartung des iPhone überdauert. In der Redaktion gibt es iPhones ab dem 3GS (2009), die entweder noch im Betrieb sind oder als iPod verwendet werden. Beim iPhone 3GS gibt es allmählich Alterserscheinungen, das 4S hatte vom ersten Tag an einen schwachen Akku, aber das vier Jahre alte 5s macht noch einen guten Job und kommt weiterhin problemlos über zwei Tage (zugegeben: Viel wird und wurde nie damit nicht gemacht). Würde der Akku also unter optimalen Bedingungen ohne spürbare Kapazitätseinbußen sechs Jahre halten, so sind es ohne auf die Ladegeschwindigkeit zu achten, vielleicht fünf. Und dann ist das Gerät ohnehin schon so alt, dass man getrost über ein neues nachdenken kann – oder den Akku wechseln lassen könnte (Kosten bei Apple: 89 Euro ohne AppleCare, bei MediaMarkt sogar noch günstiger, um nur zwei Beispiele zu nennen).
TL;DR: Macht euch lieber über Wichtigeres Sorgen als über die Haltbarkeit und wie sich Fast Charge darauf auswirkt. Denn auch Apple hat kein gesteigertes Interesse daran, dem technischen Support mehr Arbeit als nötig zu beschaffen.
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