Die Wahl des US-Präsidenten hat scheinbar auch in der Facebook-Belegschaft Spuren hinterlassen: Dutzende Mitarbeiter sollen sich in einer inoffiziellen Task-Force zusammengeschlossen haben. Sie wollen Facebook mehr redaktionelle Verantwortung auferlegen und könnten Empfehlungen für den Kampf gegen Falschmeldungen erstellen, berichtete Golem.
Seit Anfang des Jahres können Facebook-Nutzer Falschmeldungen bereits melden. Doch „Wir könnten viel mehr tun mit Hilfe der Werkzeuge, die bereits zum Schutz vor beleidigenden oder schädigenden Inhalten bei Facebook im Einsatz sind,“ sagten die Mitglieder, die aus Angst vor internen Druck durch Vorgesetzte lieber anonym bleiben wollen. Demnach soll bereits ein Tool entwickelt worden sein, dass Hoaxes zuverlässig erkennt und automatisch entfernt. Es wurde dann jedoch verworfen, da es einen überproportionalen Einfluss auf konservative Inhalte ausgeübt haben soll – eine Nutzergruppe, die man nicht verärgern wolle.
Facebook bestritt die Vorwürfe:
„Wir haben keine Änderungen am News Feed entwickelt oder aufgrund ihres potenziellen Einflusses auf irgendeine politische Partei zurückgehalten.“
Doch die Task-Force-Mitglieder mahnen zur Vernunft:
„Wir tun eine Menge, um Leute davon abzuhalten, Nacktbilder oder Gewalt zu posten.“ Aber „wenn jemand einen gefälschten Presseartikel postet, der behauptet, dass die Clintons illegale Einwanderer beschäftigten, und dies dann Leute zu Gewalt gegen illegale Einwanderer anstiftet, ist das nicht gefährlich? Missachtet das nicht auch unsere Community Standards?“
Trending Topics
Bereits vor den Wahlen hagelte es Kritik an der Objektivität der im englischsprachigen Raum verfügbaren „Trending Topics“ – einer handerlesenen Liste von aufkeimenden Top-Themen, die zeigen soll, was die Nutzer aktuell bewegt. Den zuständigen Mitarbeitern wurde vorgeworfen, die Liste zu manipulieren und konservative Inhalte zu diskriminieren bzw. liberale Inhalte zu bevorzugten. Facebook wies die Kritik damals zurück: Es gäbe hinreichend technische Barrieren und starke Kontrollen, um Manipulation vorzubeugen. Die Mitarbeiter sollen lediglich doppelte Themen, unbestätigte Berichte und Fakes ausfindig machen.Inzwischen wurde das betreffende Team jedoch aufgelöst und die Trending Topics dem Algorithmus überlassen – späte Einsicht?
Nach der Wahl
Nach der Wahl scheinen die großen Internetkonzerne ihren Einfluss auf die Meinungsbildung zumindest selbst zu hinterfragen.
Facebook-Gründer Mark Zuckerberg betonte in einer Statusmeldung weiterhin die Qualität der Inhalte: So seien 99 Prozent der Beiträge in den Newsfeeds der Nutzer authentisch und nur von wenigen Hoaxes unterbrochen. Der Gedanke, dass man die Wahlen beeinflusst haben könnte, hält er daher für verrückt. Des Weiteren betonte Zuckerberg den Wert der Meinungsfreiheit und dass es oft schwierig sei, Falschmeldungen von einer bloßen Meinung oder von der Wahrheit zu trennen. Schwierig könnte es aber auch werden, wenn Seiten zum Teil Falschmeldungen und zum anderen Teil echte Nachrichten enthalten.
Nachdem Google am Montag Messungen bekanntgab, welche die anhaltende Verbreitung sogenannter Hoaxes – also Falschmeldungen – belegen, kündigten beide Unternehmen Gegenmaßnahmen an, berichtete Reuters.
Netzwerkpartner, die Werbung neben ihren Inhalten schalten, könnten schließlich um ihren Ruf fürchten, wenn Anzeigen für Falschmeldungen auf ihren Seiten eingeblendet werden und folglich das Werbenetzwerk verlassen.
Die Falschmeldungen sollen sich vorrangig durch Anzeigen in den Werbenetzwerken verbreiten. Dabei sind die Ziele solcher Falschmeldungen nicht zwangsläufig politischer Natur. Häufig verlinken die Anzeigen auf Websites z.B. in Mazedonien, die mit Anzeigen-Schaltungen wiederum selbst Geld einnehmen. Beide Unternehmen kündigten daher an, sich des Problems anzunehmen, indem sie Falschmeldungen künftig nicht mehr bewerben wollen. So versicherte Facebook beispielsweise:
„We do not integrate or display ads in apps or sites containing content that is illegal, misleading or deceptive, which includes fake news“
Die Einhaltung dieser Regeln wolle man konsequent überprüfen.
Google kündigte Ähnliches an. Für die Suche fehlt jedoch noch eine Lösung. Auch in Zukunft können also Falschmeldungen auf Google auftauchen. Ein populärer Hoax verkündete in der Wahlnacht beispielsweise bereits Trumps Sieg, während die Stimmen noch ausgezählt wurden und Clinton einen kleinen Vorsprung verzeichnete. Besonders in den USA, wo bereits 44 Prozent der Bevölkerung ihre Nachrichten aus den sozialen Netzen beziehen, ist dies ein ernstzunehmendes Problem. Zumal sich fast zwei Drittel nur auf einer einzigen Plattform informieren und daher nur einen sehr eingeschränkten Überblick bekommen.